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TitleNeuartige residentielle Stadtstrukturmuster vor dem Hintergrund postmoderner Gesellschaftsentwicklungen : eine geographische Analyse städtischer Raummuster am Beispiel von Basel
AuthorEder Sandtner, Susanne
Abstract In westlichen Industrienationen beobachten Soziologen einen Wandel von der Klassengesellschaft der fordistischen Phase hin zu einer sozial ausdifferenzierten Lebensstilgesellschaft der postfordistischen Ära. Gleichzeitig wird eine sich verstärkende soziale Polarisierung mit neuen Armutsrisiken und neuen Determinanten der gesellschaftlichen Ungleichheit dokumentiert. Diese sozialen Prozesse haben ihr Pendant in stadträumlichen Veränderungen. Die sich ergebenden neuen Muster der Wohnstandortverteilung sind im Gegensatz zu den eher homogenen fordistischen Viertelstrukturen durch ein kleinteilig-heterogenes Nebeneinander unterschiedlicher Sozialgruppen gekennzeichnet. Die stadt- und sozialgeographischen Fachliteratur findet hierfür Begriffe wie „vielfach geteilte Stadt“ oder „räumliches Mosaik sozialer Welten“. Der Forschungsgegenstand der vorliegenden Studie liegt im Schnittpunkt sozial- und stadtgeographischer Fragestellungen. Ziel ist es, das räumliche Abbild des in der Sozialwissenschaft thematisierten gesellschaftlichen Strukturwandels in Form veränderter Wohnstandortmuster in einem urbanen Raum flächendeckend zu dokumentieren. Dies geschieht auf der Basis eines für das gesamte Stadtgebiet verfügbaren Datensatzes der öffentlichen Statistik. In der Schweiz stehen flächendeckende und in zehnjährigem Erhebungsintervall wiederholte Volkszählungsdaten auf Personenbasis zur Verfügung. Daher fiel die Wahl des Untersuchungsgebietes auf den regionalen Forschungsschwerpunkt des Geographischen Institutes der Universität Basel: den Stadtkanton Basel-Stadt. Der zur Verfügung stehende Datenpool umfasst soziodemographische Merkmale von insgesamt 99 926 Haushalten des Erhebungsjahres 1990 und ist auf verschiedenen Massstabsebenen abrufbar. Die empirischen Arbeiten der sozialwissenschaftlichen Lebensstilforschung beruhen auf qualitativ ausgerichteten Methoden mit umfangreichen Befragungen ausgewählter Stichproben der Bevölkerung. Für das Forschungsziel einer umfassenden und flächendeckenden Soziaraumanalyse müssen Gesellschaftskonzept und Methodik an die Merkmale des verfügbaren Datensatzes angepasst werden. Um die „postfordistische“ Gesellschaftsstruktur für den Stadtkanton Basel abbilden zu können, werden daher sog. „Lebensformentypen“ konzeptionalisiert und mittels Selektionsanalyse klassifiziert. Diese Sozialgruppen weisen sowohl klassische (sozioökonomische) Schichtmerkmale als auch „postfordistische“ (soziodemographische und –kulturelle) Ausdifferenzierungen auf. Für die Sozialraumanalysen werden bestimmte Raumeinheiten –Baublöcke und Stadtviertel – entsprechend ihrer Zusammensetzung aus den Lebensformengruppen beschrieben, klassifiziert und kartographisch dargestellt. Um den Zusammenhang zwischen der physisch-räumlichen Qualität der Wohnstandorte und ihren Bewohnern aufzudecken, werden Merkmale der Wohnumfeldqualität (Bevölkerungsdichte und Verkehrsimmissonen) in die Analysen mit einbezogen. Aufgrund der empirischen Untersuchungen kann die baselstädtische Wohnbevölkerung als eine Zweidrittelgesellschaft bezeichnet werden, die sich aus 69% Ober- und Mittelschichthaushalten (10% Ober- und 59% Mittelschicht) und 31% Unterschicht- und marginalisierten Haushalten (28% Unterschicht und 3% Marginalisierte) zusammensetzt. Die „postmoderne“ Teilgruppe, die mehrheitlich aus vollerwerbstätigen Einpersonenhaushalten ohne Konfessionszugehörigkeit besteht, verzeichnet in allen Sozialschichten die niedrigsten Anteile. Die sehr heterogen zusammengesetzte moderne Teilgruppe (z.B. teilerwerbstätige Einpersonenhaushalte, erwerbstätige Ehepaare mit und ohne Kinder oder Alleinerziehende) weist jeweils die höchsten Anteile auf. Die nach traditionellen Mustern lebenden Haushalte setzen sich aus zwei Hauptgruppen zusammen, den verwitweten Einpersonenhaushalten mit Konfession und den Ehepaaren mit und ohne Kinder und klassisch verteilten Rollen bezüglich Erwerbstätigkeit und Haushalt. Zur ausserhalb des Erwerbslebens und am untersten Ende der sozialen Leiter stehenden Gruppe der „Marginalisierten“ zählen Rentner ohne Ausbildung und Erwerbslose. Für die baselstädtische Wohnbevölkerung bestätigen sich zudem die neuen Bestimmungsfaktoren der gesellschaftlichen Ungleichheit wie Familiengrösse, Lebenszyklusphase, Geschlecht und Nationalität. Der in der raumwissenschaftlichen Theorie angenommene Zusammenhang zwischen Sozial- und Raumstrukturen bestätigt sich nur für die Unterteilung der Stadtgesellschaft nach sozialen Schichten. Für die Bevölkerungsgruppen am oberen und unteren Ende der sozialen Leiter, und besonders für deren traditionelle Teilgruppen, ist eine starke residentielle Segregation typisch. Hier spiegelt sich die wieder zunehmende soziale Polarisierung in sehr unterschiedlich verteilten Wohnstandorten wider. Tendenziell werden Gebiete mit guter Wohnqualität von oberen Sozialschichten bewohnt und Räume geringer Wohnqualität von Gruppen mit niedrigem Sozialprestige. Wo in Basel grössere Raumeinheiten mit einheitlicher Wohnqualität zur Verfügung stehen, leben v.a. sozial immobile Bevölkerungsgruppen nach verschiedenen Quartieren segregiert. Es handelt sich hierbei einerseits um sozial Benachteiligte, die sich auf das unterste Wohnungsmarktsegment beschränken müssen. Andererseits finden auch sozial Privilegierte aufgrund ihrer sehr hohen Ansprüche an die Wohnqualität geeigneten Wohnraum nur in bestimmten Vierteln. In diesen sozial homogenen Stadtquartieren kumulieren räumliche und soziale Privilegierungen und Benachteiligungen. Ein bemerkenswertes Ergebnis der Empirie ist, dass die postmodernen Oberund Mittelschichthaushalte häufig auch in städtischen Negativräumen wohnen, im Gegensatz zu deren traditionellen Teilgruppen. Ihre enklavenartigen Wohnstandorte sind ähnlich im Stadtgebiet verteilt (v.a. in Innenstadtnähe) wie Raumeinheiten mit hohen Anteilen an Unterschichthaushalten. Dies ist mit dem vorhandenen Wohnraumangebot für diese Bevölkerungsgruppen zu erklären. Die Entstehung eines „kleinräumigen Mosaiks sozialer Welten“ kann für Basel-Stadt also nur bedingt nachgewiesen werden. Vor allem in Innenstadtnähe überlagern sich traditionelle klassengesellschaftliche Segregationsmuster homogener Wohnviertel mit kleinräumiger strukturierten Wohnenklaven postmoderner Lebensformengruppen der beiden oberen Sozialschichten. Sozial homogen strukturierte Stadtviertel werden vor allem von traditionellen Haushalten bewohnt. Es handelt sich hierbei um randstädtische Arbeiter- und Industriequartiere mit minderwertiger Wohnqualität sowie um Oberschichtviertel mit herausragender Wohnqualität. Es kann resümierend festgehalten werden, dass neben der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Lebensformentyp die unterschiedliche Wahlfreiheit der verschiedenen Sozialgruppen auf dem Wohnungsmarkt eine entscheidende Rolle für die Verteilung ihrer Wohnstandtorte spielt. Die vorliegende stadt- und sozialgeographische Studie zeigt Möglichkeiten auf, wie der Raumbezug in sozialwissenschaftliche Fragestellungen einbezogen werden kann. Für die stadtplanerische Praxis kann sie Entscheidungshilfen für Massnahmen zum Abbau „sozialer Brennpunkte“ liefern.
ContributorsSchneider-Sliwa, Rita; Wackermann, Gabriel
Date2004
TypeThesis; NonPeerReviewed
Formatapplication/pdf
Identifier
Identifier Eder Sandtner, Susanne. Neuartige residentielle Stadtstrukturmuster vor dem Hintergrund postmoderner Gesellschaftsentwicklungen : eine geographische Analyse städtischer Raummuster am Beispiel von Basel. 2004, Doctoral Thesis, University of Basel, Faculty of Science.
Identifier10.5451/unibas-003323370
Identifierinfo:doi/10.5451/unibas-003323370
Identifierurn:urn:nbn:ch:bel-bau-diss67680
Languagedeu
Relation
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess